2007 machten wir Familienurlaub auf Usedom, Deutschlands „Sonneninsel“. Nach mehreren Jahren Rügen, wo alles vertraut war, erschien uns das kulturelle Angebot von Usedom zunächst deutlich schmaler. Oder unbekannter, denn alles musste neu entdeckt werden! Eine Überraschung war für mich der Künstlergarten Lüttenort. Dort, wo die Insel am schmalsten ist, zwischen Zempin und Koserow, hat der Maler Otto Niemeyer-Holstein ein Refugium angelegt, ein Gesamtkunstwerk aus Garten, Haus und Landschaft, das bis heute liebevoll als Museum gepflegt wird. Und: Kletterpflanzen spielen in diesem Garten eine wichtige Rolle! Als Rankhilfen dienen Holzspaliere, Plastiken, eine Sonnenuhr, ein Mühlstein und weitere Artefakte. Alles sieht ganz zufällig aus, ist aber bis auf`s kleinste Detail arrangiert. Eine Vermählung aus Natur und Kultur!
Ein dicker Baumwürger wand sich mehrfach ums Bein eines Athleten aus Bronze und hinderte ihn am Fortkommen – ein unglaubliches Bild für die Fesselung des Geistes durch die Materie. Diese und andere Plastiken stammen von Künstler-Freunden, sie sind Geschenke oder wurden gegen Bilder getauscht und gelangten so in den Garten. Der genaue Aufstellungsort wurde oft von Niemeyer-Holstein gemeinsam mit dem anderen Künstler besprochen. Inzwischen jedenfalls ist der dicke, gewundene Stamm wohl abgestorben, aktuelle Fotos zeigen jedoch, dass der Athlet weiter als Rankhilfe fungiert und einen neuen Baumwürger-Trieb ans Bein gelegt bekam. Das Sinnbild bleibt somit erhalten
Etwas weiter lehnten sich Rosen an einen eisernen Stab mit geflügeltem Löwen, der einem strengen Mecklenburger Wappen entsprungen schien. Eine stark gestutzte Clematis vitalba wiederum versuchte, ein Wand-Relief zu umfassen...
Zu Niemeyers-Holsteins Bildern im Gebäude kann ich nicht viel sagen, denn als ich endlich mit dem Garten „durch“ war und zu Frau und Kindern in die Ausstellung kam, standen die Zeichen schon auf Heimfahrt. Beim nächsten Mal wird dafür mehr Zeit sein, falls nicht im Garten neue Überraschungen warten!