"Euonymus" bzw. "Kriechspindel" sind eigentlich als Bodendecker bekannt, sie werden zum Beispiel millionenfach bei der Grabbepflanzung verwendet. Einige lassen sich aber auch als "Kletterspindel" an Fassaden ziehen und sehen dann ähnlich dunkel aus wie Efeu, bleiben aber klein und erfordern wenig Pflege. Das macht sie interessant als Graffitischutz an Gebäudesockeln. Aber gibt es Euonymus, die sich wirklich zur FassadenbeGRÜNung eignen, die also ein schönes mittleres Grün haben und das auch den Winter über? Hier, an diesem Gebäude in Dresden / Sachsen hatte ich früher mal so ein Beispiel fotografiert. Ich war zufällig vorbeigekommen, hatte die Attraktion festgehalten und war weiter gefahren.
Im Winter 2016 / 17 habe ich all mein Fotomaterial zu "Euonymus" sortiert und bin wieder auf das Motiv gestoßen. Und ich beschloss, der Sache nachzugehen. Es gabe eine Dienstreise, die mich und meine Gärtnerin, welche den Pflanzenversand betreut, nach Dresden führte. Wir wollten mit unserem Pflanzenlieferanten über Clematis sprechen, und im Anschluss ergab sich die Gelegenheit, das besagte Haus zu besuchen. Gottseidank habe ich ein sehr gutes Ortsgedächtnis und finde Häuser oder Plätze in anderen Städten fast schlafwandlerisch wieder. In anderer Besetzung, jetzt mit einem alten Jugendfreund, standen wir also am nächsten Tag vor dem Haus, und die Begrünung stand auch nach einem langen, harten Winter wie eine Eins: Grün und relativ dicht. Wir klingelten, ein älterer Herr öffnete, und wir fragten ihn aus nach der Pflanze. Ja, sie sei schon 40 Jahre alt und wird jedes Jahr von seiner Frau per Hand, also nicht mit Maschine beschnitten und somit in Form gehalten. Wohl von Anfang an war der Euonymus als Formgehölz geplant, wovon noch die waagerechten Spalierlatten zeugen, die als Rankhilfe an der Fassade befestigt sind. An ihnen wurden in den ersten Jahren die Haupttriebe angebunden. Gekauft hatte er den Euonymus in einer nahegelegenen Gärtnerei, wusste aber leider nicht mehr genau, wie das Gewächs hieß. Früchte hatte die Pflanze fast nie, aber jetzt gerade in diesem Jahr ausnahmsweise mal sehr, sehr viele. Und ich wäre nicht der einzige Interessent: Schon vor 15 Jahren hätte mal ein Pole angehalten und ihn ausgefragt. Natürlich durften wir uns etwas von den biegsamen Trieben abschneiden und auch Samen mitnehmen. Ich sah noch, dass an einigen Stellen gelbe Panaschierungen aufgetreten waren, aber dann brachen wir das Gespräch ab, denn der freundliche Herr in seinen dünnen Sachen fror in der Kälte.
Ich machte noch Fotos, dann besuchten wir eine nahegelegene Quelle in einer Wiese, die früher halb Dresden versorgte und immer noch üppig durch die Wiese sprudelte. Und im Anschluss gings in die erwähnte Gärtnerei, wer weiß, vielleicht würden sie dort die Blätter ja sofort erkennen, weil sie und nur sie diese Pflanze seit Jahrzehnten vermehren... Mein Hoffnung war sehr gering, und tatsächlich hatten sie keine Ahnung, was für ein Euonymus das sein könnte. So müssen wir uns wohl selbst um die Vermehrung kümmern, wenn wir sie eines Tages verkaufen wollen!