Die "Mitte" hat immer etwas Magisches, zumindest etwas Besonderes. Die Mitte auf unserem Hof war schlichtweg ein Misthaufen. Das ganze Jahr über wurde hier Mist aus 2 - 3 Ställen gesammelt und dann auf den Feldern verteilt. Ich glaube, so war es auf allen Höfen hier in der Gegend: Überall in der Mitte eine Mistgrube.
Auch die Inhalte der Plumps-Klos (es gab welche für die Bauers-Familie und welche für`s Gesinde) wurden mit Schöpfeimern und Spaten aus den Gruben gepolkt und auf dem Mist entsorgt. Noch bis zur Wende-Zeit um 1990 gabe es keine Wasserklosetts auf dem Hof, es wohnten dort drei Familien und jede hatte ihr Plumpsklo. Eines davon haben wir in Ermangelung eines Abwasser-Anschlusses noch bis 2017 benutzt, dann wurde die Grube ein letztes Mal per Saugrüssel geleert und verfüllt.
Als wir den Hof übernahmen, war die Mistgrube in der Mitte nur noch ein Teich mit Schilf, dessen Wasser sich im Sommer verflüchtigte. Dann konnte man wochenlang hindurchlaufen und sogar Gras mähen, bis der nächste Regen kam und sich das Wasser für einige Tage sammelte, um dann abermals schnell zu verdunsten. Der Boden war durch die jahrhundertelange Versottung offenbar wasserdicht geworden, deshalb versickerte das Wasser im Winter nicht. Allerdings haben wir auch grünbraunen Ton als Untergrund, das verstärkt die Sperr-Wirkung.
Ich wollte eigentlich schon immer einen dauerhaften Teich aus dieser Grube machen oder zumindest "irgendwas mit Wasser" und hatte verschiedene Ideen vor Augen: alte Pferde-Schwemmen auf Höfen, süddeutsche Kasten-Brunnen oder den supergenialen Wasser-Spielplatz auf der Insel Mainau am Bodensee. Oder auch der in einer Senke angelegte Gartenteich im Schaugarten von Carl Foerster / Potsdam. Aber gegen all diese Ideen gab es Widerstand, denn zu viele Geschichten von in Gartenteichen ertrunkenen Kindern sprachen dagegen.
Der Alternativen zum Teich waren ein Sandkasten mit Hofbaum, ein Hofbaum mit umlaufender Sitzbank oder eine Baumgruppe, ein kleiner Spielplatz oder eine große Pergola oder oder... Da wir zu keiner Einigung kamen, blieb die Hofmitte jahrelang so wie sie eben war: Im Winter Teich, im Sommer ein tiefgelegter Schilfgarten.
2017 bekam unsere Grube im Zuge von Bauarbeiten einen tief liegenden Überlauf, so dass sich nur noch wenig Regenwasser sammeln konnte und alle Überschüsse in den Dorfgraben flossen. Die maximale Wassertiefe lag damit bei nur noch 15 cm, und zugegebenermaßen musste man schon sehr ungeschickt sein, um dort zu ertrinken.
Das wiederum führte Anfang 2023 zur Idee, es doch mal mit einem Teich zu versuchen, auch über die Sommermonate. Ein Biotop sollte entstehen! Und am Rand des Teiches wollte ich unsere Waren präsentieren: Pflanzen und Keramktöpfe zum Beispiel. Im Gegenzug für die "Teich-Erlaubnis" habe ich einem Hofbaum zugestimmt, der dann auch umgehend gepflanzt wurde siehe Foto oben: Eine kleine Linde aus dem Auenwald. Leider hat sie zunächst nicht überlebt, im Herbst folgt ein zweiter Versuch.
Immer, wenn es warm wurde und Regen ausblieb, mussten wir den Teich mit (Brunnen-) Wasser nachfüllen. Das hat bis jetzt - Anfang September - funktioniert, und allerlei Kleintiere haben sich angesiedelt. Vom Wasser sieht man kaum noch etwas, denn die Senke ist eine "grüne Hölle" geworden, im Herbst werden wir schneiden und roden müssen.
Vielleicht ist es an heißen Tagen nun auch 1 - 2 Grad kühler im Hof wegen der Wasserverdunstung, und zusammen mit den aufgestellten Sonnenschirmen hätte sich die Aufenthaltsqualität dann deutlich erhöht. Neben den Waren habe ich ja mehrere Sitzgruppen mit Schirmen platziert, da Vieles bei unserem künftigen Ab-Hof-Verkauf ja im Freien stattfinden muss. Wir haben innen ja keine Besprechungs-Insel, keine Theke und keine Ruhezonen, weil wir quasi jeden Quadratmeter für unseren Online-Verkauf benötigen, für Lager, Picken, Packen und Büro. Also brauchen wir Flächen im Freien.
In der Senke, am Rand des mit Wasserlinsen bedeckten Teiches ist jetzt eine Sitzgruppe. Von hier können Frösche, Libellen und sonstige Kleintiere beobachtet werden. Auch eine Eidechse wurde schon gesichtet!